Mühlen, Edel- und Ritterhöfe in Donnerskirchen

Wolfgang Meyer

Der dominierende Besitz- und Baukomplex des "Leisser-Hofes" steht gleichsam stellvertretend für die im Burgenland häufig auftretenden Edelhöfe, alteingesessene Rittergüter, die Herrschaftssitz und landwirtschaftliches Wirtschaftszentrum in sich vereinigt haben. Diese Besitzungen bestanden parallel zu den von der ungarischen Krone vergebenen "großen" Besitzkomplexen und waren diesen immer gleichsam ein Dorn im Auge. Deren Erwerb stand in vorrangigem Interesse und gipfelte letztlich im Ankauf und Erwerb durch Paul Esterházy. Daneben bestand noch der Gruberische Edelhof, der 1612 in den Besitzkomplex Leisser integriert wurde.

Zum Edelhof gehörte nach einer Auflistung von 14.01.1611 auch noch die Seemühle, ein zugrundegegangener Mühlschlag - dies wäre die sog. "Angermühle" und nach der Transaktion und Erwerbung des Gruber-Edelhofes durch Leisser 1612 noch ein "öder Burgstall" mit insgesamt 16 Untertanen, 120 Joch Ackerland, 102 Tagwerk Wiesen, rund 8 ha Weingärten sowie Kraut- und Küchengärten.

Besitzabfolge in einer Übersicht

1358 Johann "Jensul" von Donnerskirchen
1389 Jacob von Thunerskürchen und Kunz Mazer
1470 Hans Samaraßky von Neusiedl Georg von Königsberg
1505 Michel Wahunsky, Emerich Samarasky, Georg Weydakher
1525 Andree Sibenburger
1529 Hans Schärdinger von Schärding Moritz von Fürst
1552 Wolfgang Sterneiß
1558 Joachim Wiser
1593 Sebaldus Pögl von Emmerberg
1611 Stephan Gräsl Christoph Leisser von Idolsberg und Kronseck
1646 Sophia Leisser, geborene Freiin von Landau
1647 Ferdinand Rudolf Leisser, Hans Sigmund und Georg David Leisser
1652 Stefan Vitnyédy
1653 Paul Esterházy
1937 Gemeinde Donnerskirchen
1956/64 Winzergenossenschaft Donnerskirchen, Winzergenossenschaft St.Martinus

Der Leisserhof als Baukörper verdeutlicht einen Baustil, der sich im westungarisch-burgenländischen Grenzbereich mit mehreren Beispielen dokumentiert und auch erhalten hat. Es wird die Bauform einer repräsentativen oder zumindest beeindruckenden Vierflügelanlage auf annähernd quadratischem Grundriss entwickelt, die wirtschaftliche Kraft und die erforderlichen Speicherräume mit eingebunden hat. So entstanden z.B. die spätrenaissancezeitlichen Kastell- bzw Schlossbauten von Deutschkreutz (1625) und Lacken bach (1618) oder aber auch das Donnerskirchner Kastell, das ab 1611 um- und ausgebaut wird und in einigen Elementen noch die überlieferten Formen und Baukörper erahnen lässt.Die Umstrukturierung der Meierhofwirtschaft nach dem sog. Ausgleich (1850 bis etwa 1868) bedingte u.a. die Aufgabe von Weide- und Waldland und Übergabe des selben an die bäuerlichen Gemeinschaften, wie z.B. an die sog. Urbarialgemeinden. Gleichzeitig wurden aber auch die Esterházy`schen Landwirtschaften neu strukturiert. Damit gewann der Seehof an Bedeutung, war er doch nunmehr in die Mitte der bewirtschafteten Fläche gelangt. Demzufolge verlor der Leisserhof den Hintergrund der landwirtschaftlichen Zentralstelle, ja in zunehmenden Ausmass verlor er auch die Position des zentralen Weinkellers (Rückgang bzw. gänzliches Ausbleiben des Steuerweines).

So ist es erklärlich, dass nach den Brandkatastrophen (z.B. 24. Juni 1843) der Leisserhof nicht mehr vollständig wiederhergestellt und letztlich am 15. August 1937 um S 25 000,- an die Marktgemeinde Donnerskirchen verkauft wurde. Diesem Verkauf gingen seit 24. Juni 1932, dem Tag des Kaufangebotes seitens der Esterházy'schen Domänenverwaltung, intensive Verhandlungen voraus.

Der aus dem Familienarchiv1 übernommene Plan erläutert die Situation um 1900. Dieses über Österreich hinaus bekannte und hervorzuhebende Archiv ist gleichzeitig die bedeutendste Quelle für die Ortsgeschichte burgenländischer Orte nördlich von Lockenhaus. Das große Gebäude, durch Brände etc. seines rückwärtigen Abschlusses beraubt und bietet somit nicht mehr ein Bild der in sich geschlossenen Vierseitanlage, erfüllt "Restfunktionen". Damit gemeint ist einerseits der Restbestand an Weinkellerkultur und Tradition mit den riesigen Kellerbereichen, die sowohl den hauptstrassenseitigen Bereich umfassen, als auch jenen der Strasse nach Hof. Darüber liegen das Presshaus und der Branntweinkeller sowie ein kleiner Stall. Der Rest des Gebäudes wird im Erdgeschoss durch Wohnräumlichkeiten, den Schüttboden und die Scheune eingenommen. In der heutigen Betriebsform hört das vom Gastronomiebetrieb "Leisserhof" (Haubenkoch, Gastronom und Weinritter Ernst Engel) betriebene Objekt mit dem Bereich "Preßhaus" auf, der heute den Zugang zum historisch ausgeformten Keller ermöglicht, in dem die Zisternenanlagen der Winzergenossenschaft einen zentralen Kristallisationspunkt finden. Die übrigen Räumlichkeiten des Erd- und Obergeschosses sind zu Wohnzwecken ausgebaut und umgeformt worden. Der ausschließlich eben erdige Teil auf der linken Seite des Toreinganges wurde später, wie oben erwähnt, von der Marktgemeinde verkauft, geschleift und durch einen Neubau ersetzt. Die Trennung der beiden Liegenschaften wurde bereits 1932 durch die Esterházy'sche Domänenverwaltung angedacht, als man eine Bereinigung der Parzellengrenze durchführen ließ.

Auffallend im Gesamtkontext sind die großzügig angelegten Kellergewölbe mit rund 7 Metern Spannweite im vorderen Bereich, während der Branntweinkeller noch mit rund 5 Metern die Grunddimensionen der Längsseite repräsentiert. Es ist übrigens jener Bereich, mit dem man heute den Bereich der Verkostung der "Gebietsvinothek" betritt.

Hervorzuheben ist ferner die Präsenz eines mächtigen Brunnens im Hofe, der immerhin nahezu 1 Meter Durchmesser am Hals aufzuweisen hatte.

Der Keller des Leisserhofes wurde 1954 an die Winzergenossenschaft verpachtet, aber bereits 1956 durch diese angekauft. Im Jahre 1964 wurde auch der sog. vordere Keller und der gesamte Hof mit den Gebäuden erworben. Damit tritt die "Winzergenossenschaft Donnerskirchen", die bereits am 27. Jänner 1939 gegründet worden war, die Besitznachfolge an. 1971 folgte die Umbenennung in "Winzergenossenschaft St.Martinus". Bedingt durch die Kriegszeiten war die Genossenschaft von 1939 bis 1953 praktisch nur auf dem Papier gedanklich vorhanden, erst 1953 wurde der Gedanke Realität. Am 4. Mai 1954 kam es zur 1. Vollversammlung und zur Neugründung. Ausgehend von einem Mitgliedsstand von 113 Donnerskirchner Mitgliedern und einer Lagerkapazität von 837hl in Holzfässern wurde 1984 ein Fassungsraum von 63500hl bei 418 Mitgliedern erreicht, wobei auch die Gemeinden Purbach, Breitenbrunn und Schützen miteinbezogen wurden. Zu den traditionsreichen und in der Geschichte namhaften Weinen zählt einerseits der sog. Luther- wein, andrerseits aber der von der Winzergenossenschaft St.Martinus produzierte Weltmeisterwein - "Welschriesling Trockenbeerenauslese 1976 - 1979 Weinweltmeister", sowie die Auszeichnungen 1978 und 1981 Landessieger Burgenland und 1984 mit dem besten Wein Österreichs, einer Welschriesling Beerenauslese 1981.

 

Der Leisserhof und Donnerskirchen fand aber auch seinen Niederschlag in den Gründungsversammlungen der "Burgenländisch-pannonischen Weinritterschaft", zu deren Gründungsmitglieder u.a. der renommierte Gastronom Ernst Engel zählte. Diese seine Mitgliedschaft und sein Engagement seit den Gründungstagen des Jahres 1984 bzw. die Präsenz im Leisserhof führte dazu, dass für den Leisserhof und den Gastronomen Ernst Engel ein sog. "Hoflegat" erteilt wurde, eine Heraushebung von Lokalität und Betreiber aus der Vielzahl der Weinritter. Am 13. Juni 1984 trafen sich die Gründungsmitglieder im Roten Salon des Schlosses Esterházy in Eisenstadt (Ernst Engel, Pater Prior Lukas Lanzersdorfer, Komm. Rat Rudolf Rötzer, Franz Kozich, Komm.Rat Ladislaus Knoll, Dompfarrer Mag. Alfred Zistler, Alois Schmidl, Ing. Alfred Tintera-Tombor, Ernst Gassner, Dr. Edgar Schüssler, Dr. Howanietz). Nach nunmehr über 25 Jahren der intensiven Aufbauarbeit ist die Weinritterschaft, ausgehend von Eisenstadt und Donnerskirchen, zu einem Mitgliederstand von über 4000 angewachsen und hat noch immer einen Raum des "Leisserhofes" als "Stammlokal" und die Weinkapelle als Heimstätte in Benützung. Die Devise bzw. der Wappenspruch der "Burgenländisch-pannonischen Weinritterschaft" lautet "In honorem vini" = "Zur Ehre des Weines", was unschwer einen unmittelbaren Bezug zu den Donnerskirchner Weinen herstellen lässt, wir müssen nicht einmal bis zum Lutherwein zurückgreifen oder den Weltmeister- wein 1976/79 ansprechen.

In diesem Zusammenhange ist hervorzuheben, dass der St.Georgs-Orden, als dessen legitime Nachfolger sich die Burgenländisch-pannonischen Weinritter betrachten und bezeichnen, in Donnerskirchen im 16.Jhdt einen Weingartenbesitz im Ausmass von zwei Vierteln hatten, was einer Größe von 20 Pfund entspricht und somit von 1600 Quadratklaftern = 57,55 Ar.

Die Seemühle

Ein Mühlenbetrieb stellte einen der wesentlichen Eckpfeiler im grundherrlichen Wirtschaftskörper dar. Mühlen wurden sowohl in Eigenbewirtschaftung betrieben oder auch in Pacht vergeben. Die gesicherte Ertragslage ergibt sich aus der Notwendigkeit jeden Haushalts, das geerntete und gedroschene Getreide zu Mehl verarbeiten zu lassen, wobei für den Müller in der Regel zumindest ein Sechzehntel als Mahllohn in Naturalien genommen wurde zuzüglich 5 Kreuzer "Abtraggeld" pro Metzen.

In Donnerskirchen bestanden bis zu drei Mühlen. Die Seemühle war die größte und leistungsfähigste, aber auch die einzige an der Wulka gelegen und hatte den Vorteil der verhältnismäßig starken und kontinuierlichen Wasserführung. Im Ort selbst hatten wir die "Angermühle" und die Mühle im Schwarzviertel, die beide vom Wasser des Dorfbaches aus dem Teufelsgraben betrieben wurden. Während die Seemühle noch in der Zwischenkriegszeit arbeitete, wurden die beiden kleineren Mühlen wesentlich früher still gelegt, die Angermühle wird z.B. 1611 als öde bezeichnet.

In klarer Einschätzung der wirtschaftlichen Bedeutung und auch Notwendigkeit wurde die Seemühle durch Paul I. Esterházy unmittelbar nach der Besitzübernahme erneuert und instand- gesetzt. Das Datum im Torbogen verrät uns dieses Bemühen. Das Urbar von 1675 bemerkt: "Eine wohl erbaute Mühle am See, mit 4 Wasserrrädern und der jährliche Bestand (Pachtzins des Müllers) betrug über 200 Metzen Getreide und Meh".

Die Seemühle wird erstmals 1358 urkundlich erwähnt.

In der zweiten Hälfte des 19.Jhdts hatte Ignaz Pekovich die Mühle in Pacht, der aber 1872 die benachbarte Schützener Dorfmühle kaufte. Konrad Patzenhofer, der auch den Seehof in Pacht hatte, betrieb durch seinen Geschäftsführer die Mühle. Bis 1924 waren Paul Rainer bzw. dessen Söhne Franz und Josef als Angestellte Patzenhofers die Müller.

1890 brannte die Mühle ab, wurde wiederaufgebaut und neu eingerichtet. Drei oberschlächtige Wasserrräder, zwei Mahlgänge und ein Schrotgang waren vorhanden. Einzugsbereich der Mühle waren Donnerskirchen, Oggau, Purbach, Schützen am Gebirge und auch der Heideboden.

1898 erhielt die Seemühle als erste Wulkamühle einen Walzenstuhl. 1924 wurde der Mühlenbetrieb der Seemühle stillgelegt, die beiden Müller Franz und Paul Rainer übernahmen die Hausmühle in Wulkaprodersdorf und die Dorfmühle in Schützen.

Nach dem 2.Weltkrieg diente das Gebäude mehreren Familien als Wohnstätte, dann wurde ein Gärtnereibetrieb eingerichtet. Diese letzte Phase im Leben der Mühle erklärt auch die nicht mehr vorhandene Mühlenausstattung.

Auf Grund der anderwärtigen Verwendung der Mühle ist vom gesamten hölzernen Mühl- und Mahlwerk nichts mehr vorhanden. Daher kann nur mit Rekonstruktionsversuchen gearbeitet werden, noch dazu, wo der Baubefund und die Beschreibungen auseinandertriften (am Gebäude finden sich vier Durchgangsöffnungen für die Wellen der Wasserräder, paarweise übereinander, während 1890 von drei oberschlächtigen Rädern die Rede ist).

Baubeschreibung: Hervorzuheben ist die beispielhafte Grundriss- und Funktionsgliederung. Zum einen finden wir die Wohneinheit für den Müller, seine Familie und sein Personal, hier besonders deutlich durch die Räume mit Gewölbe, Tonne mit Stichkappen oder Kreuzgewölbe mit Stichkappen. Etwa mittig, jedoch die beiden Funktionsbereiche trennend, ist die tonnengewölbte Einfahrt mit Torbogen festzumachen. Daneben, als wesentliche Funktionseinheit, sehen wir den Mühlenwirtschaftstrakt, der durch Umbauten jedoch seinen ursprünglichen Charakter verloren hat.

Literatur:

Landestopographie II/2, Eisenstadt 1963, S 953

Herrschaftsurbar Eisenstadt 1675: "Die Herrschaft hat alda ainen schönen Edlhof ... zu dießem Edlhof gehört ain Vornembe unnd wol Erpawte Müll, an dem See mit Vier Rädern unnd die Stampf, davon der Müller Jährlichen bestand gibt: Waitz 60 Metzen, Korn 140 Metzen, Semel Mell 1 Metzen, Grieß 1 Metzen, Gerstprein 1

Metzen, Hirschprein 1 Metzen, Wegen der Schwein zu mästen gibt er gerste 24 Metzen". Zur Seemühle gehören 9 Joch Äcker.

Leupold Jakob, Schauplatz der Mühlenbaukunst, Leipzig 1735

Wolfgang Meyer, Die Seemühle - ein Denkmal der Mühlenbaukunst und Tradition, Publikation in den BHBl in Vorbereitung.

Fußnoten

1 Gemeint ist das Archiv auf Burg Forchtenstein.